Später Beginn der Waffenruhe
Am Sonntag begann die Waffenruhe im Gazastreifen mit einer dreistündigen Verzögerung, was die Spannungen weiter anheizte. Während dieser Zeit führten israelische Luftangriffe zu mindestens 19 Todesfällen. Familien in Israel warteten unter großer Sorge, da sie ein Scheitern der Abmachung mit der Hamas befürchteten. Trotz der Hindernisse trat der Waffenstillstand schließlich um 10:15 Uhr MEZ in Kraft.
Hamas führte die Verzögerung auf „technische Probleme“ zurück, da die Liste der freizulassenden Geiseln nicht rechtzeitig übermittelt wurde. Dennoch konnten drei Frauen – Romi Gonen, Emily Damari und Doron Steinbrecher – aus der Gewalt der Hamas befreit werden. Sie wurden von Menschenmengen in Gaza begleitet, bevor sie sicher außer Landes gebracht wurden. Israel ließ im Gegenzug 90 palästinensische Gefangene frei.
Die Schicksale der Freigelassenen
Die drei Frauen hatten dramatische und traumatische Erlebnisse hinter sich. Romi Gonen, 24, wurde am 7. Oktober 2023 während des Nova-Musikfestivals in der Nähe der Grenze zu Gaza entführt. Emily Damari, 28, besitzt neben der israelischen auch die britische Staatsbürgerschaft. Doron Steinbrecher, 31, ist ebenfalls rumänische Staatsbürgerin. Beide wurden aus ihren Häusern im Kibbuz Kfar Aza verschleppt.
Im Gazastreifen kehrten gleichzeitig tausende Vertriebene in ihre zerstörten oder schwer beschädigten Häuser zurück. Laut UN-Angaben wurden 90 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal vertrieben. Viele Menschen mussten unter äußerst schwierigen Bedingungen ohne ausreichende externe Unterstützung ausharren.
Unsicherheiten in der Umsetzung des Abkommens
Die Waffenruhe, die zunächst auf sechs Wochen ausgelegt ist, stellt die erste Phase eines umfassenderen Abkommens dar. Diese Vereinbarung wurde durch die USA, Ägypten und Katar vermittelt. In der ersten Phase sollen 97 israelische Geiseln gegen fast 2.000 palästinensische Gefangene ausgetauscht werden. Erste humanitäre Hilfsgüter trafen am Sonntag über zentrale Grenzübergänge im Gazastreifen ein.
Die weiteren Phasen des Abkommens bleiben jedoch ungewiss. Geplant sind eine Verlängerung der Waffenruhe, die Freilassung aller verbleibenden Geiseln sowie zusätzliche Gefangenenaustausche. Der Wiederaufbau Gazas und die Rückgabe sterblicher Überreste israelischer Geiseln sollen den Abschluss des Abkommens bilden. Politische Konflikte und organisatorische Hürden könnten jedoch die Realisierung dieser Pläne gefährden.
Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnete die Vereinbarung als „vorübergehend“ und betonte, dass Israel die Militäroperationen wieder aufnehmen werde, falls die Verhandlungen scheitern. Innerhalb der israelischen Regierung wächst der Widerstand. Kritiker aus rechtsextremen Koalitionskreisen warnten, dass freigelassene palästinensische Gefangene zukünftige Anschläge verüben könnten. Der Waffenstillstand bietet eine fragile Grundlage, doch die langfristige Stabilität der Region bleibt ungewiss.