Ein chinesischer Roboter sorgt auf der Messe für Aufsehen
An einem sonnigen Frühlingsmorgen spaziere ich durch Hannover zur weltbekannten Industriemesse. Ich habe eine Einladung erhalten, den G1-Roboter der chinesischen Firma Unitree aus nächster Nähe zu erleben. Die Hannover Messe zählt zu den größten Technologieausstellungen der Welt und ist voller moderner Maschinen. Der G1 misst 130 cm, kostet deutlich weniger als seine Konkurrenten und bewegt sich bemerkenswert flüssig. Videos zeigen ihn beim Tanzen und bei Kampfsportübungen – sie verbreiteten sich rasant im Netz. Pedro Zheng, Vertriebsleiter bei Unitree, steuert den G1 per Fernbedienung. Er erklärt mir, dass Kunden den Roboter selbst für autonome Aufgaben programmieren müssen. Besucher bleiben regelmäßig stehen, beobachten neugierig und versuchen, mit dem G1 zu interagieren. Sie schütteln ihm die Hand, testen Reaktionen oder lachen, wenn er zurückwinkt oder sich verbiegt. Viele entschuldigen sich sogar, wenn sie ihn versehentlich anstoßen – seine menschenähnliche Form wirkt offensichtlich einladend.
Asiens Vorsprung bei Robotern wächst rasant
Roboter könnten Wirtschaft und Alltag revolutionieren
Zahlreiche Firmen weltweit arbeiten an menschenähnlichen Robotern mit zwei Armen und Beinen. Diese Maschinen könnten Firmen enorme Vorteile bringen: Sie brauchen keine Pausen, keine Gehaltserhöhungen und arbeiten rund um die Uhr. Auch im Haushalt wären sie nützlich – sie könnten waschen, räumen ein oder helfen beim Kochen. Doch die Umsetzung ist technisch herausfordernd. In Lagerhallen und Fabriken nutzen Firmen seit Jahrzehnten Roboterarme, weil sie dort alles genau steuern können. In Restaurants oder Wohnungen dagegen herrschen unvorhersehbare Bedingungen, die Roboter schwer handhaben. Ein starker humanoider Roboter könnte zwar helfen, stellt aber auch eine potenzielle Gefahr dar. Ein unkontrollierter Sturz könnte schwere Schäden anrichten oder Menschen verletzen. Die künstliche Intelligenz, die solche Roboter steuern soll, steckt noch in der Entwicklung. Laut Unitree hat die KI bisher kein grundlegendes Verständnis für logische Abläufe erreicht. Deshalb verkauft Unitree den G1 derzeit nur an Forschungseinrichtungen und Tech-Firmen, die mit der offenen Software weiterarbeiten. Aktuell konzentrieren sich Entwickler auf industrielle Einsätze – etwa in Lagern oder Montagehallen.
Europas Robotik kämpft gegen asiatische Übermacht
Chinesische Hersteller setzen auf Masse, Europa auf clevere Lösungen
Elon Musks Firma Tesla entwickelt derzeit den Roboter „Optimus“ für den Einsatz in eigenen Fabriken. Laut Musk entstehen noch in diesem Jahr tausende Exemplare, die dort praktische Aufgaben übernehmen. Auch BMW setzt humanoide Roboter in seinen US-Werken ein, Hyundai bestellte zehntausende bei Boston Dynamics. Thomas Andersson vom Analysehaus STIQ verfolgt 49 Firmen, die zweibeinige Roboter entwickeln – bei Varianten mit Rädern sind es über 100. Er glaubt, dass China die Branche anführen wird. Der Grund: Chinesische Hersteller profitieren von schnellen Entwicklungszyklen und einer riesigen Zulieferstruktur. Unitree unterstreicht das mit dem preiswerten G1, der nur rund 16.000 US-Dollar kostet. Zudem fließt fast 60 % aller weltweiten Investitionen für humanoide Roboter nach Asien. In Shanghai unterstützt der Staat sogar spezielle Schulungszentren für Roboter mit menschlicher Gestalt.
Ein Brite will mit Einfachheit überzeugen
Ein Startup verzichtet bewusst auf Beine – und setzt auf Effizienz
Der britische Robotikexperte Bren Pierce gründete mehrere Firmen und entwickelte kürzlich den KR1 mit seinem neuen Unternehmen Kinisi. Obwohl die Entwicklung in Großbritannien stattfand, wird der Roboter in Asien produziert. Pierce begründet das mit der Lage der Bauteilhersteller – fast alles stammt aus China. Daher sei es wirtschaftlich unklug, die Komponenten nach Europa zu transportieren und dort zusammenzubauen. Um Kosten zu sparen, verzichtet Pierce beim KR1 auf ein komplettes humanoides Design – Beine sind überflüssig. In Fabriken mit flachem Boden reicht eine Plattform mit Rädern völlig aus. Der KR1 besteht fast ausschließlich aus Massenbauteilen – zum Beispiel Elektroscooter-Räder. Auch Motoren, Akkus, Computer und Kameras stammen von der Stange. Pierce glaubt, dass die entscheidende Stärke in der Software liegt, nicht in der Hardware. Viele Roboter seien technisch zu anspruchsvoll – das wolle er ändern. Sein Ziel: ein Roboter, den Lagerarbeiter nach wenigen Stunden beherrschen. Der KR1 lernt Aufgaben nach 20 bis 30 Durchläufen mit einem Menschen. In diesem Jahr testet eine Gruppe Pilotkunden das System. Langfristig träumt Pierce vom ultimativen Haushaltsroboter – eine Vision, die ihn seit Jahrzehnten antreibt. Er glaubt an den Erfolg, doch schätzt, dass es noch 10 bis 15 Jahre dauern wird.