Sechs Algerier, die in Frankreich leben, stehen im Verdacht, Hass und Gewalt gegen Kritiker der algerischen Regierung geschürt zu haben. Diese Vorfälle verschärfen die ohnehin belasteten Beziehungen zwischen Frankreich und Algerien.
Französische Behörden nahmen Anfang Januar drei Algerier wegen mutmaßlich aufhetzender Inhalte in sozialen Medien fest. Am Donnerstag wurde ein weiterer französisch-algerischer TikToker festgenommen. Zwei weitere französisch-algerische Influencer stehen unter Beobachtung, wurden aber bisher nicht verhaftet. Laut den Behörden in Lyon sollen die Verdächtigen Gewaltaufrufe gegen Gegner der algerischen Regierung verbreitet haben.
Die Ermittlungen fallen in eine Zeit zunehmender Spannungen, die durch Frankreichs Unterstützung für Marokkos Anspruch auf die Westsahara im letzten Jahr ausgelöst wurden.
Algerien verweigert Rückführung eines Verdächtigen
Einer der Verdächtigen, Boualem Naman, ein 59-jähriger TikToker mit 138.000 Followern, wurde am 5. Januar in Montpellier festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, in einem Video zur Gewalt gegen einen algerischen Regierungsgegner aufgerufen zu haben.
Eine Analyse des Videos durch Dolmetscher ergab, dass Naman Gewalt befürwortete, jedoch keine Aufforderung zur Tötung äußerte, wie zuvor berichtet wurde. Nach seiner Festnahme wurde Naman nach Algier abgeschoben, aber Algerien verweigerte ihm die Einreise. Die Behörden argumentierten, Naman habe das Recht, sich vor einem französischen Gericht zu verteidigen.
Nach seiner Rückkehr nach Frankreich beschuldigte Innenminister Bruno Retailleau Algerien, Frankreich demütigen zu wollen. Er sagte: „Wir haben eine kritische Schwelle in unseren Beziehungen erreicht.“ Algeriens Außenministerium warf Frankreich im Gegenzug vor, eine „Desinformationskampagne“ zu führen. Namans Anwälte erklärten, ihr Mandant sei ein Opfer der angespannten diplomatischen Lage.
Historische Konflikte und diplomatische Krisen
Bereits vor den jüngsten Ereignissen war das Verhältnis zwischen Frankreich und Algerien angespannt. 2024 änderte Frankreich seine Haltung zur Westsahara und unterstützte Marokkos Anspruch auf die Region. Algerien, das die Selbstbestimmung der Sahrauis befürwortet, reagierte mit scharfer Kritik und rief seinen Botschafter aus Paris zurück.
Zusätzlich verschärften Frankreichs Bemühungen, die Beziehungen zu Marokko zu stärken, die Krise. Präsident Emmanuel Macron besuchte Marokko im Oktober, was Algerien weiter entfremdete. Algeriens Präsident Abdelmadjid Tebboune kündigte daraufhin an, keinen Staatsbesuch in Frankreich zu machen, nachdem er diesen bereits mehrfach verschoben hatte.
Tebbounes Regierung steht unter internationaler Kritik für die Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Die jüngste Inhaftierung des französisch-algerischen Schriftstellers Boualem Sansal, einem bekannten Kritiker der algerischen Regierung, führte zu weiteren Spannungen. Präsident Macron verurteilte die Inhaftierung und warf Algerien vor, „sich selbst Schande zu bereiten“.
Die Vorfälle verdeutlichen die zunehmenden Spannungen und die schwierige Beziehung zwischen den beiden Ländern.