Von bunter Sichtbarkeit zur stillen Zurückhaltung
In den vergangenen Jahren nutzten viele große Marken den Pride Month für auffällige Werbekampagnen. Regenbogenflaggen schmückten Schaufenster, Eingangsbereiche zeigten T-Shirts und Tassen mit LGBTQ-Motiven. Firmen änderten ihre Logos auf sozialen Medien und verwiesen offen auf Spenden an queere Organisationen.
2025 setzen viele Unternehmen auf Zurückhaltung – sie vermeiden auffällige Zeichen der Unterstützung.
Firmen drosseln Engagement aus Angst vor Reaktionen
Laut einer Erhebung von Gravity Research wollen 39 Prozent der befragten Unternehmen ihre öffentlichen Pride-Aktivitäten reduzieren. Dazu zählen das Sponsoring von Veranstaltungen, Pride-bezogene Werbung in sozialen Medien und der Verkauf themenbezogener Produkte.
Die Hauptgründe: Politischer Druck aus dem Umfeld Donald Trumps, konservative Proteste und die Angst vor behördlichen Konsequenzen. US-Behörden haben angekündigt, Programme zur Förderung von Diversität und Inklusion verstärkt zu überprüfen.
Gleichzeitig kürzen viele Unternehmen ihre Werbeetats angesichts wirtschaftlicher Unsicherheit durch Trumps Handelspolitik. Dennoch gaben die meisten Befragten den politischen Druck als ausschlaggebenden Faktor an.
„Die Regierung und ihre Unterstützer bestimmen, wie weit Unternehmen gehen dürfen“, sagte Luke Hartig, Präsident von Gravity Research. „Viele Unternehmen verzichten deshalb auf öffentliches Engagement.“
Politische Lage verändert unternehmerisches Verhalten
Der aktuelle Kurs steht im klaren Kontrast zu früheren Pride-Monaten. Firmen, die früher offen für LGBTQ-Rechte eintraten, verzichten heute auf sichtbare Solidarität. Auch interne Programme zur Förderung von Vielfalt werden zurückgefahren – vor allem unter Druck konservativer Gruppen.
LGBTQ-Vertreter betonen, dass dieser Rückzug den Unternehmen selbst schade. Sie verlieren Innovationskraft, erschweren ihre Personalgewinnung und gefährden Kundenbindung. Immerhin identifizieren sich mittlerweile 9,3 Prozent der Erwachsenen in den USA als LGBTQ.
„Die Regierung setzt staatliche Institutionen gegen Unternehmen mit inklusivem Kurs ein“, kritisierte Eric Bloem von der Human Rights Campaign Foundation. „Das ist wirtschaftsfeindlich und schadet Beschäftigten.“
Viele Unternehmen beteiligen sich daher nicht mehr an der LGBTQ-Bewertung der Human Rights Campaign.
„Wer nur dann Gesicht zeigt, wenn es bequem ist, verliert Glaubwürdigkeit“, warnte Bloem.
Konservative Gegenreaktionen zeigen Wirkung
65 Prozent der Unternehmen bereiten sich inzwischen gezielt auf negative Reaktionen vor, wie die Studie zeigt. Handelsriesen wie Walmart, Target und Kroger verweisen in Berichten bereits auf potenzielle Risiken durch gesellschaftliche Diskussionen.
Beispiel Bud Light: 2023 kooperierte die Marke mit der trans Influencerin Dylan Mulvaney. Danach folgten Boykotte und massive Umsatzverluste. Auch LGBTQ-Organisationen kritisierten das unklare Verhalten der Marke.
Target wurde im selben Jahr wegen LGBTQ-Produkten angegriffen. Mitarbeitende erhielten Drohungen, Badeanzüge für Trans-Personen wurden aus dem Sortiment genommen. In sozialen Netzwerken verbreitete sich fälschlich, die Artikel seien für Kinder gedacht.
Die Folge: Umsatzeinbrüche und rechtliche Klagen von konservativen Gruppen. Target reagierte mit reduzierter Pride-Präsenz – in vielen Filialen verschwand das Sortiment, online blieb es verfügbar.
Weniger Regenbogen im Regal – Engagement hinter den Kulissen
Auch in diesem Jahr agiert Target zurückhaltend. Eine interne Mitteilung zeigt: Pride-Artikel gibt es nur in ausgewählten Filialen – darunter Kleidung, Bücher, Musik und Produkte für Haustiere. Das vollständige Sortiment bleibt online erhältlich.
„Wir setzen uns für Inklusion auf allen Ebenen ein – für unsere Teams, unsere Kunden, unsere Lieferanten und Gemeinden“, betonte ein Unternehmenssprecher.
Ein leitender Mitarbeiter berichtete anonym, dass das Engagement weniger sichtbar sei als früher. Die Stimmung im Team habe sich merklich verändert. „Wir orientieren uns spürbar an der politischen Führung“, sagte er.
Auch andere Firmen schränken ihre Maßnahmen ein. Kohl’s hatte 2023 eine Pride-Kollektion veröffentlicht und 100.000 Dollar an The Trevor Project gespendet. In diesem Jahr gab es keine neuen Ankündigungen.
Macy’s hatte im Vorjahr LGBTQ-Marken unterstützt, Pride-Schaufenster gestaltet und sich an Paraden beteiligt. Auch dieses Jahr ist Macy’s dabei – doch ohne offizielle Bekanntmachungen.
Nordstrom, Gap und weitere bekannte Marken haben sich bislang nicht zu ihrem Pride-Engagement 2025 geäußert.
Interne Maßnahmen statt öffentlicher Kampagnen
Die stille Strategie bedeutet laut Beobachtern keine vollständige Abkehr von LGBTQ-Themen. Vielmehr verlagern viele Unternehmen ihr Engagement nach innen.
„Unternehmen ändern ihre Taktik – sie wenden sich nicht ab“, sagte Sarah Kate Ellis von der Organisation GLAAD. „Sie wollen nicht ins Kreuzfeuer geraten wie Target oder Bud Light.“
Firmen konzentrieren sich stärker auf interne Programme zur Unterstützung von LGBTQ-Mitarbeitenden. Nur 14 Prozent planen laut Gravity Research, interne Maßnahmen zum Pride Month zu reduzieren.
Gleichzeitig steigt der Druck aus den eigenen Belegschaften, Haltung zu zeigen.
„Statt auf externe Sichtbarkeit setzen viele auf langfristige Strukturarbeit“, erklärte Ellis. „Das Engagement bleibt – nur weniger öffentlich.“