Nach fünf Monaten politischer Blockade haben Österreichs drei größte Zentrumsparteien am Samstag signalisiert, dass sie kurz vor der Bildung einer Koalitionsregierung stehen. Sollte die Einigung zustande kommen, würde das Bündnis aus der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP), den Sozialdemokraten (SPÖ) und den liberalen Neos die rechtsextreme FPÖ von der Regierung ausschließen – trotz ihres Wahlsiegs im September mit fast 29 % der Stimmen.
Gescheiterte Verhandlungen und politische Krise
ÖVP-Chef Christian Stocker zeigte sich optimistisch und erklärte: „Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Koalitionsvereinbarung abschließen werden.“
Zuvor war FPÖ-Chef Herbert Kickl bereits zweimal gescheitert, eine Regierung zu bilden. Sein jüngster Versuch brach am 12. Februar nach wochenlangen, angespannten Verhandlungen mit der ÖVP zusammen. In einem Brief an Bundespräsident Alexander Van der Bellen machte Kickl Meinungsverschiedenheiten über politische Maßnahmen und die Verteilung der Ministerien für das Scheitern verantwortlich.
Nach dem ersten gescheiterten Versuch im Januar trat Kanzler Karl Nehammer zurück, woraufhin Alexander Schallenberg als Übergangskanzler eingesetzt wurde. Daraufhin erhielt Kickl den Auftrag, eine Regierung zu formen – die erste von der extremen Rechten geführte Koalitionsverhandlung seit dem Zweiten Weltkrieg. Doch mangels Koalitionspartnern blieb auch dieser Versuch erfolglos.
Forderung nach Neuwahlen inmitten wirtschaftlicher Unsicherheit
Kickl forderte nun Neuwahlen und argumentierte, dass „Österreich keine Zeit zu verlieren hat.“ Die politische Unsicherheit trifft das Land in einer Phase der wirtschaftlichen Schwäche, steigender Arbeitslosigkeit und einer anhaltenden Rezession, was eine stabile Regierung umso dringlicher macht.
Trotz eines Wahlergebnisses von 28,8 % konnte die FPÖ keine Koalition bilden, da sowohl die ÖVP als auch andere Parteien eine Zusammenarbeit mit Kickl ablehnten. Die radikale Anti-Immigrationspolitik der FPÖ sowie ihre Ablehnung der EU-Sanktionen gegen Russland und der Unterstützung für die Ukraine haben sie zu einer umstrittenen Kraft in der österreichischen Politik gemacht.
Im Oktober beauftragte Van der Bellen zunächst Nehammer mit der Regierungsbildung, doch als dieser scheiterte, erhielt Kickl die Chance. Nun, da sich die Zentrumsparteien einer Einigung nähern, könnte Österreich bald eine Regierung ohne rechtsextremen Einfluss haben.