In Großbritannien wird erstmals eine vielversprechende Behandlung getestet, die Menschen helfen könnte, ihren Geruchssinn nach Covid oder anderen Infektionen wiederzuerlangen. Die innovative PRP-Therapie (plättchenreiches Plasma) bietet Betroffenen neue Hoffnung – selbst Jahre nach dem Verlust ihres Geruchssinns.
Erste Patientin testet PRP-Therapie gegen Anosmie
Chrissi Kelly ist die erste Person in Großbritannien, die die PRP-Behandlung erhält. Dabei wird der Patientin Blut entnommen, durch eine Zentrifuge in seine Bestandteile getrennt und das plättchenreiche Plasma injiziert. Ziel ist es, den Riechnerv zu regenerieren.
„Es ist unglaublich, endlich sagen zu können: ‘Es gibt eine Behandlung.’ Jahrelang gab es einfach keine Optionen“, sagte Kelly. „Es ist aufregend, die Erste zu sein, die das ausprobieren darf.“
Kelly verlor ihren Geruchssinn 2012 nach einer Nebenhöhlenentzündung. Sie beschreibt Anosmie als „eine Art Trauerprozess“ und entwickelte später Phantosmie (halluzinierte Gerüche) sowie Parosmie (verzerrte Gerüche). Damals gab es keine medizinischen Lösungen, weshalb sie mit Geruchstraining begann, bei dem Düfte wie Kaffee oder Lavendel bewusst eingeatmet werden.
Um anderen zu helfen, gründete Kelly die Wohltätigkeitsorganisation AbScent, die Geruchstrainings-Sets entwickelte und Unterstützung für Betroffene bot. Während der Covid-Pandemie, die weltweit Millionen Menschen ihren Geruchssinn kostete, wuchs die Unterstützungsgruppe von 1.500 auf 95.000 Mitglieder. Trotz der großen Nachfrage musste AbScent 2022 aus finanziellen Gründen schließen.
Wissenschaftlicher Durchbruch: PRP-Injektionen
Die Covid-Pandemie führte auch zu neuen Forschungsansätzen. Prof. Zara Patel von der Stanford University entdeckte, dass PRP-Injektionen helfen könnten, den Riechnerv zu regenerieren. Dieser ist einzigartig unter den Hirnnerven, da er sich selbst reparieren kann.
Patels Studien zeigten, dass PRP bei Patienten im Vergleich zu einem Placebo deutlich bessere Ergebnisse erzielte. Manche spürten bereits nach drei Monaten Verbesserungen. Besonders bemerkenswert war der Fall eines Mannes, der 45 Jahre nach dem Verlust seines Geruchssinns diesen wiedererlangte.
Diese Ergebnisse überzeugten auch Prof. Claire Hopkins, eine führende britische Rhinologin am Guy’s Hospital in London. Hopkins, die frühzeitig den Zusammenhang zwischen Covid und Anosmie erkannte, war zuvor skeptisch gegenüber experimentellen Therapien.
„Viele Patienten versuchen verzweifelt alles, selbst unwirksame Hausmittel wie das Verbrennen von Orangen,“ erklärte Hopkins. „Doch die Beweise für PRP sind solide, und die Behandlung ist minimal-invasiv sowie risikoarm. Ich fühle mich sicher dabei, sie meinen Patienten anzubieten.“
Hopkins plant, die PRP-Therapie über das NHS verfügbar zu machen. Da das Verfahren auf vorhandenen Geräten wie Zentrifugen basiert und das Blut der Patienten verwendet, könnten regulatorische Hürden gering sein.
Erste Erfolge und neue Zuversicht
Kelly wird in den kommenden Monaten zwei weitere PRP-Injektionen erhalten. Sie ist vorsichtig optimistisch und hat bereits erste Anzeichen einer Verbesserung bemerkt.
„Nach Jahren des Geruchstrainings bin ich sehr sensibel für jede Veränderung“, erklärte sie. „Zwiebeln sind weiterhin schwierig, aber Kaffee riecht wieder großartig, und einige Gerüche in meiner Umgebung nehme ich viel klarer wahr.“
Ein besonderer Moment gab ihr Hoffnung: „Ich trat eines Tages aus dem Haus und dachte: ‘Das riecht nach Winterjasmin.’ Ich drehte mich um und sah, dass ich recht hatte. Es war tatsächlich Winterjasmin.“
Sollte die PRP-Therapie weiterhin Erfolge zeigen, könnte sie Tausenden von Menschen mit Anosmie oder Parosmie helfen, ihren Geruchssinn und damit ein großes Stück Lebensqualität zurückzugewinnen.