Ein Kulturort wird zum Zufluchtsort
Die “Gaîté Lyrique”, ein Theater aus dem 18. Jahrhundert, ist bekannt für ihr progressives und engagiertes Programm. Im Dezember organisierte die Leitung eine Veranstaltung mit dem Titel „Ein Fresko der Migration“. Ziel war es, die Situation von Geflüchteten zu beleuchten und neue Ansätze für deren Unterstützung zu diskutieren.
Etwa 200 Migranten, überwiegend junge Männer aus Afrika, nahmen an der Veranstaltung teil. Nach deren Ende beschlossen sie, im Theater zu bleiben, um Schutz vor der Kälte zu suchen. Die Zahl der Bewohner stieg seitdem auf rund 300 an. Viele von ihnen geben an, minderjährig zu sein, um Anspruch auf Unterkunft zu erlangen.
Politischer Druck und finanzielle Verluste
Zu Beginn tolerierte die Theaterleitung die Besetzung, doch die Lage hat sich verschärft. Ein Sprecher gab bekannt, dass das Theater inzwischen mehrere Hunderttausend Euro Verlust erlitten hat. Weder die Stadt Paris, Eigentümerin des Gebäudes, noch die französische Regierung haben finanzielle Unterstützung zugesagt.
Die Situation hat auch politisches Aufsehen erregt. Kritiker werfen der sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo vor, die Krise nicht verhindert zu haben. Das Theater steht ebenfalls in der Kritik, die Konsequenzen seiner Veranstaltung unterschätzt zu haben. Zudem gibt es Vorwürfe, dass die Mehrheit der Migranten, die sich als minderjährig ausgeben, tatsächlich volljährig ist. Diese Einschätzung wird mittlerweile auch von der Pariser Stadtverwaltung bestätigt.
Keine Lösung in Sicht
Theaterdirektorin Juliette Donadieu drückte Verständnis für die Migranten aus, erklärte jedoch, dass das Theater nicht für eine dauerhafte Unterbringung geeignet sei. Alle geplanten Veranstaltungen mussten abgesagt oder an andere Orte verlegt werden. Das Gebäude bleibt weiterhin geschlossen.
Ohne ein Eingreifen der Behörden ist keine Lösung absehbar. Die Besetzung zeigt nicht nur die Grenzen des Kulturzentrums, sondern verdeutlicht auch die tieferen Probleme der französischen Migrationspolitik. Sowohl die Zukunft der “Gaîté Lyrique” als auch der Migranten bleibt ungewiss, während die öffentliche Debatte weiter anhält.