Forschende der Universität Cambridge haben ein KI-basiertes Diagnosetool entwickelt, das Zöliakie schneller erkennen kann als bisherige Verfahren. Die Künstliche Intelligenz arbeitet dabei mit der gleichen Genauigkeit wie ein erfahrener Pathologe – benötigt aber deutlich weniger Zeit.
Zöliakie ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die durch den Verzehr von Gluten ausgelöst wird. Gluten ist in Weizen, Roggen und Gerste enthalten. In Großbritannien leben rund 700.000 Menschen mit dieser Erkrankung. Typische Symptome sind Bauchkrämpfe, Durchfall, Hautausschläge, Gewichtsverlust, Müdigkeit und Blutarmut.
Bleibt Zöliakie unbehandelt, kann sie zu ernsten Folgeerkrankungen führen. Dazu gehören unter anderem Mangelernährung, Osteoporose, Unfruchtbarkeit sowie ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebserkrankungen.
Bisherige Diagnoseverfahren sind zeitaufwändig
Aktuell erfolgt die Diagnose meist in zwei Schritten. Zuerst wird ein Bluttest durchgeführt, der Antikörper gegen Gluten nachweist. Anschließend entnehmen Ärztinnen eine Gewebeprobe aus dem Zwölffingerdarm. Pathologinnen analysieren dann die Probe auf Schäden an den sogenannten Zotten. Diese feinen Strukturen im Dünndarm ermöglichen die Nährstoffaufnahme.
Diese Analysen erfordern Zeit und stehen in der Prioritätenliste oft hinten, da schwerwiegendere Fälle – wie etwa Krebsverdacht – Vorrang haben. Dadurch müssen viele Patient*innen Wochen oder sogar Monate auf eine Diagnose warten.
Hier setzt die neue KI an. Sie wurde mit mehr als 4.000 Biopsiebildern aus fünf verschiedenen Krankenhäusern trainiert. Dabei kamen Scanner von vier unterschiedlichen Herstellern zum Einsatz.
Schnellere Diagnosen könnten das Gesundheitssystem entlasten
Die Ergebnisse wurden im Fachjournal New England Journal of Medicine AI veröffentlicht. Die KI zeigte dabei eine vergleichbare Diagnosegenauigkeit wie menschliche Patholog*innen – war jedoch wesentlich schneller.
Dr. Florian Jaeckle, Mitautor der Studie, erklärt: Während Patholog*innen für eine Probe fünf bis zehn Minuten benötigen, liefert die KI ein Ergebnis in weniger als einer Minute.
Sobald die Gewebeprobe gescannt wird, kann das System die Diagnose nahezu in Echtzeit erstellen. Das bedeutet: keine Wartezeit und schnellere Klarheit für Patient*innen.
Professorin Elizabeth Soilleux, leitende Autorin und Pathologin, betont die Bedeutung dieser Entwicklung. Sie sieht darin eine Möglichkeit, Patient*innen schneller zu helfen und gleichzeitig die Wartelisten im NHS zu verkürzen.
Vielversprechende Technologie braucht digitale Infrastruktur
Dr. Bernie Croal, Präsident des Royal College of Pathologists, lobt das Potenzial des neuen Tools. Es könne die Zöliakie-Diagnostik grundlegend verbessern und damit Gesundheitssysteme entlasten.
Er weist jedoch auch auf wichtige Voraussetzungen hin. Für den Einsatz der KI im Klinikalltag brauche es Investitionen in digitale Pathologie, funktionierende IT-Systeme und gezielte Schulungen für Fachpersonal.
Die Studie wurde von Coeliac UK, Innovate UK, dem Cambridge Centre for Data-Driven Discovery sowie dem National Institute for Health and Care Research finanziert.
Sie zeigt, wie KI den medizinischen Alltag unterstützen und Diagnosen schneller und effizienter machen kann – zum Vorteil für Patient*innen und das Gesundheitssystem gleichermaßen.