Genetisch modifizierte Zellen bringen Durchbruch bei soliden Tumoren
Eine neuartige Immuntherapie, bei der körpereigene T-Zellen genetisch verändert werden, lässt Krebspatienten mit fortgeschrittenen Tumoren im Schnitt 40 % länger leben. Die Ergebnisse stammen aus der weltweit ersten randomisierten klinischen Studie zu Car-T-Zelltherapie bei soliden Tumoren und werden von Experten als „bahnbrechend“ bezeichnet.
Die Therapie, bei der sogenannte Car-T-Zellen gezielt auf Krebszellen programmiert werden, ist bereits bei Blutkrebsformen erfolgreich im Einsatz. Nun zeigen aktuelle Studien, dass sie auch gegen solide Tumoren wie Magen-, Lungen- oder Brustkrebs wirksam sein kann – Krebsarten, die 90 % aller Diagnosen ausmachen.
Studie zeigt signifikante Vorteile bei Magenkrebs
In der chinesischen Studie erhielten über 100 Patienten mit fortgeschrittenem Magen- oder gastroösophagealem Übergangskrebs entweder die neue Car-T-Zelltherapie oder eine Standardbehandlung. Die Patienten in der Car-T-Gruppe lebten im Schnitt 7,9 Monate nach Studienbeginn – verglichen mit 5,5 Monaten in der Kontrollgruppe. Auch das krankheitsfreie Überleben war mit 3,3 gegenüber 1,8 Monaten deutlich verlängert.
Die in The Lancet veröffentlichten und beim weltweit größten Krebskongress ASCO in Chicago präsentierten Ergebnisse deuten auf einen Paradigmenwechsel hin. Die Forscher des Peking University Cancer Hospital & Institute sprechen von einem „klinisch bedeutenden Fortschritt“ für eine Patientengruppe mit bisher begrenzten Optionen.
Internationale Experten loben Fortschritt
„Ein Meilenstein für Car-T bei soliden Tumoren“, sagte Dr. Carl June von der University of Pennsylvania, ein führender Car-T-Forscher. „Diese Ergebnisse geben Patienten mit Magenkrebs nach mehreren erfolglosen Therapien Hoffnung.“ Auch Dr. Jason Luke, ASCO-Experte aus Pittsburgh, sprach von einem „ermutigenden Durchbruch“, der das gesamte Krebsforschungsfeld motivieren sollte, diesen Ansatz weiterzuentwickeln.
Weitere Anwendung bei Hirntumoren geplant
Parallel stellte ein weiteres US-Forschungsteam um die University of Pennsylvania eine zweite Car-T-Studie vor, die sich mit Glioblastomen – einer aggressiven Form von Hirntumoren – beschäftigt. Auch hier zeigen erste Ergebnisse eine Schrumpfung der Tumoren und eine signifikante Lebensverlängerung.
Car-T-Zelltherapie (chimeric antigen receptor T-cell therapy) funktioniert, indem T-Zellen so modifiziert werden, dass sie Krebszellen zuverlässig erkennen und zerstören können. In ihrer natürlichen Form sind T-Zellen zwar zur Immunabwehr fähig, erkennen jedoch Tumore oft nicht, weil diese sich tarnen. Die genetische Modifikation macht die Immunzellen zielsicherer.
Hoffnung für viele Patienten mit soliden Tumoren
Onkologen zeigten sich in Chicago optimistisch, dass die Erfolge aus der Blutzellbehandlung bald auf solide Tumoren übertragbar sein könnten. „Das ist eine neue Behandlungsform, die es so für Onkologen bisher nicht gab“, sagte Dr. John Haanen vom Netherlands Cancer Institute.
Dr. Catherine Elliott von Cancer Research UK nannte die Studienergebnisse „ermutigend“. Bis zur flächendeckenden Anwendung seien jedoch größere Studien notwendig. Dennoch könne die Therapie ein entscheidender Schritt für Patienten mit bislang begrenzten Behandlungsoptionen sein.