Frankreich hat seine 60-jährige Militärpräsenz im Tschad offiziell beendet und seine letzte Basis geschlossen. Das Kosseï-Lager in N’Djamena war der letzte französische Militärstützpunkt in der Sahelzone. Dieser Rückzug markiert das Ende eines Kapitels französischer Kontrolle in der Region.
Am Freitag verließen die letzten 1.000 französischen Soldaten das Land. Präsident Mahamat Idriss Déby hatte bereits im November 2023 entschieden, die Verteidigungsabkommen mit Frankreich aufzukündigen. Diese Entscheidung folgte einer wachsenden antifranzösischen Stimmung in der Bevölkerung.
Frankreich zieht sich nicht nur aus dem Tschad zurück. Seit 2022 endete auch die Militärpräsenz in Mali, Burkina Faso und Niger. Diese Entwicklung könnte sich fortsetzen, da Senegal und Côte d’Ivoire kürzlich ebenfalls den Abzug französischer Truppen forderten.
Westafrikanische Staaten setzen auf Unabhängigkeit
Mehrere afrikanische Staaten suchen neue Partner und wollen ihre eigene politische und militärische Zukunft bestimmen. „Diese Länder möchten ihre Souveränität stärken und selbstständig über ihre Zukunft entscheiden“, erklärte Euronews-Journalist Jeremiah Fisayo Bambi.
Während sich die Militärregierungen von Mali, Burkina Faso und Niger nach ihren Putschen klar von Frankreich distanzierten, verfolgt der Tschad eine andere Strategie. N’Djamena nennt den Truppenabzug eine souveräne Entscheidung, aber keinen vollständigen Bruch mit Frankreich.
Auch Senegal und Côte d’Ivoire setzen auf eine eigenständigere Politik. „Dies sendet ein klares Signal, dass diese Länder keine französischen Truppen mehr wollen“, betonte Nina Wilén, Direktorin des Afrika-Programms am Egmont-Institut.
Trotz des Abzugs der Armee bleiben diplomatische Beziehungen bestehen. „Die französische Botschaft in Mali bleibt offen, und es gibt weiterhin eine begrenzte Zusammenarbeit“, ergänzte Wilén. Dies deutet darauf hin, dass Frankreich zwar an Einfluss verliert, aber nicht vollständig verschwindet.
Europäischer Einfluss in der Region schwindet
Der Abzug aus dem Tschad bedeutet nicht nur einen Verlust für Frankreich, sondern auch für die Europäische Union. „Viele europäische Staaten verließen sich auf Frankreichs Militärpräsenz, um Terrorismus in der Sahelzone zu bekämpfen“, sagte Wilén.
Frankreich führte über ein Jahrzehnt lang die größte Anti-Terror-Operation in der Region an. Viele EU-Staaten profitierten von dieser Mission, ohne eigene Truppen zu entsenden. Doch Frankreichs Fehler im Umgang mit lokalen Regierungen und die zögerliche EU-Strategie schwächten den Einfluss Europas.
Der Rückzug öffnet nun anderen globalen Akteuren die Tür. Besonders Russland vergrößert seine Präsenz in Afrika. Die Wagner-Gruppe, die nach dem Tod ihres Anführers nun Afrika-Korps heißt, hat Berichten zufolge 5.000 Kämpfer auf dem Kontinent stationiert.
Frankreich und die EU müssen ihre Strategie überdenken, um ihren Einfluss in Westafrika zu bewahren. Ohne stärkere diplomatische und wirtschaftliche Maßnahmen könnte Europas Rolle in der Region weiter schrumpfen.