Ein Team von US-Wissenschaftlern behauptet, eine Farbe entdeckt zu haben, die kein Mensch zuvor gesehen hat. Möglich wurde dies durch ein außergewöhnliches Experiment, bei dem gezielte Laserpulse auf die Netzhaut abgegeben wurden, um einzelne Sinneszellen zu stimulieren. Diese Methode soll die menschliche Farbwahrnehmung über ihre natürlichen Grenzen hinaus erweitert haben.
Die entdeckte Farbe trägt den Namen „olo“. Sie wird als „blau-grünlich“ beschrieben, besitzt aber laut den Forschern eine Intensität, die mit herkömmlichen Mitteln nicht darstellbar ist. „Es gibt keine Möglichkeit, diese Farbe auf einem Bildschirm oder in Druckform zu zeigen“, sagte der Sehwissenschaftler Austin Roorda.
Neue Wege der Farbstimulation im Auge
Farben entstehen beim Menschen durch drei Typen von Zapfen in der Netzhaut: L-Zapfen (langwelliges Licht, z. B. Rot), M-Zapfen (mittelwelliges Licht, z. B. Grün) und S-Zapfen (kurzwelliges Licht, z. B. Blau). In der Natur wird normalerweise immer eine Kombination dieser drei Zelltypen angeregt.
Es gibt jedoch kein natürliches Licht, das ausschließlich M-Zapfen stimuliert. Um genau das zu erreichen, kartierten die Wissenschaftler einen kleinen Teil der Netzhaut und lokalisierten einzelne M-Zapfen. Mithilfe eines Lasers, der kontinuierlich die Augenbewegung ausglich, wurden diese gezielt mit Lichtimpulsen angeregt.
Das Ergebnis: Ein leuchtender Fleck im Sichtfeld, etwa doppelt so groß wie der Vollmond, der eine Farbe erzeugte, die außerhalb des natürlichen Spektrums liegt. Die Forscher benannten diesen Eindruck mit dem Kunstwort „olo“, basierend auf dem binären Code 010 – wobei nur der mittlere der drei Zapfentypen aktiviert ist.
Kritik und Zukunftsaussichten
Nicht alle Experten zeigen sich überzeugt. Der britische Sehwissenschaftler John Barbur sprach von einem besonders gesättigten Grün und stellte den wissenschaftlichen Mehrwert der Entdeckung infrage. Seiner Ansicht nach sei das Farberlebnis technisch erklärbar und nicht wirklich neu.
Die beteiligten Forscher sehen dennoch großes Potenzial in ihrer Methode. Das System, genannt „Oz Vision“, könnte künftig dazu dienen, grundlegende Prozesse der Farbwahrnehmung besser zu verstehen. Es könnte außerdem bei der Erforschung von Farbenblindheit oder Erkrankungen wie Retinitis pigmentosa eingesetzt werden.
Eine breite Öffentlichkeit wird die neue Farbe allerdings so bald nicht zu Gesicht bekommen. „Wir werden ‘olo’ auf absehbare Zeit auf keinem Fernseher, keinem Smartphone und auch nicht in VR-Brillen erleben“, betonte Projektleiter Ren Ng. „Diese Erfahrung bleibt bisher nur durch direkte Laser-Stimulation des Auges möglich.“
