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Europas Arzneipolitik unter Druck: Warum Medikamente hier günstiger sind als in den USA

by Silke Mayr
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Trump wirft Europa harte Verhandlungen vor

In Europa unterscheiden sich die Preise für Medikamente von Land zu Land – dennoch liegen sie deutlich unter dem US-Niveau.
US-Präsident Donald Trump griff die Europäische Union an, als er ankündigte, die Medikamentenkosten für Amerikaner senken zu wollen.
„Wir werden zahlen, was Europa zahlt“, erklärte er und bezeichnete europäische Länder als „brutal“, „gemein“ und „schwierig“ gegenüber der Pharmaindustrie.
Laut einer Analyse der RAND Corporation beliefen sich die Ausgaben der USA für Medikamente im Jahr 2022 auf 617,2 Milliarden Dollar (542,7 Milliarden Euro).
Zum Vergleich: 24 europäische Staaten gaben gemeinsam nur 233,5 Milliarden Dollar (205,3 Milliarden Euro) für Medikamente aus.

Europas Erfolgsmodell: Preisverhandlungen mit System

Trump schlug vor, die US-Arzneimittelpreise an die niedrigsten Werte anderer reicher Länder zu koppeln.
Diese Maßnahme soll gelten, falls Pharmaunternehmen ihre Preise nicht freiwillig senken – doch Details zur Umsetzung fehlen.
Was macht Europas Preisstrategie so „schwierig“ für die Pharmaindustrie? Der Kontinent setzt auf harte Verhandlungen und internationale Vergleiche.
US-Pharmafirmen argumentieren, hohe Preise seien notwendig, um Entwicklungskosten zu decken.
In Europa handeln Regierungen hingegen gezielt niedrigere Preise aus – anders als die US-Regierung, die kaum eingreift.

Internationale Preisvergleiche als Druckmittel

Viele europäische Staaten orientieren sich bei der Preisfestlegung an den Arzneikosten in anderen Ländern.
Diese externe Referenzierung hilft ihnen dabei, die Ausgaben für neue Medikamente zu begrenzen.
Trotz dieser Strategie zahlen Europäer je nach Wohnort unterschiedlich viel für Medikamente.
In der Schweiz liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei rund 525 Euro pro Jahr, in Kroatien dagegen bei nur 262 Euro.

Vertrauliche Verträge verschleiern reale Kosten

Ein Problem stellt die fehlende Transparenz in Preisverhandlungen dar – diese bleiben meist geheim.
Kritiker warnen, dass die Intransparenz die ohnehin hohen Preise für Medikamente weiter steigen lässt.
Gesundheitsökonom Huseyin Naci von der London School of Economics betonte, dass der Öffentlichkeit kaum Einblick in die Verhandlungen gewährt wird.
Naci erklärte, dass Länder unterschiedliche Kriterien ansetzen: England und Schweden setzen auf Wirtschaftlichkeit, Deutschland auf therapeutischen Zusatznutzen.

Arzneimittel werden auch in Europa teurer

Obwohl Europa aktiv verhandelt, steigen die Kosten für Medikamente kontinuierlich an.
In Deutschland stiegen die Krankenhauspreise zwischen 2012 und 2022 um 11,5 Prozent, die Apothekenpreise um 2,6 Prozent.
Krankenkassen warnen vor einer finanziellen Überlastung der nationalen Gesundheitssysteme.
Naci stellte fest, dass die Preisgrenzen vieler Länder bereits erreicht sind.
Sollte internationaler Druck zu weiteren Erhöhungen führen, könnten die Systeme ernsthaft gefährdet sein.

Unterschiedliche Modelle der Kostenverteilung

In Europa variieren nicht nur die Preise, sondern auch die Modelle zur Kostenübernahme.
Viele Staaten finanzieren Medikamente über das öffentliche Gesundheitssystem, doch private Zuzahlungen bleiben üblich.
In den baltischen Ländern zahlen Patienten für dasselbe Medikament je nach Diagnose unterschiedliche Beträge.
Estland, Frankreich und Polen erheben feste Rezeptgebühren oder Zuzahlungen.
In Zypern trugen öffentliche Stellen 2022 etwa 90 Prozent der Arzneikosten.
In Bulgarien dagegen wurden nur 23 Prozent öffentlich finanziert – ein europäischer Tiefstwert.

Fachleute sehen kaum noch Spielraum

Naci warnte abschließend, dass viele europäische Gesundheitssysteme keine höheren Arzneimittelpreise mehr verkraften.
Weitere Preissteigerungen könnten die Versorgung destabilisieren und Gesundheitsbudgets überlasten.

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