Der chinesische Automobilhersteller Chery Auto prüft derzeit aktiv den Bau eines zweiten europäischen Werks im Vereinigten Königreich, um steigenden Zöllen entgegenzuwirken und seine Präsenz auf dem britischen Markt zu stärken. Diese Maßnahme soll Teil einer umfassenden „Lokalisierungsstrategie“ sein, wie der UK-Direktor des Unternehmens, Victor Zhang, ankündigte.
Hintergrund: Zölle und Marktexpansion
Die Initiative erfolgt vor dem Hintergrund wachsender Zölle gegen chinesische E-Fahrzeuge sowohl in der EU als auch in den USA. Donald Trump hatte in den USA kürzlich Strafzölle auf Importe aus China massiv erhöht, was chinesische Hersteller zu Alternativen in Europa und insbesondere im Vereinigten Königreich bewegt.
Zhang äußerte sich beim Branchentreffen der Society of Motor Manufacturers and Traders (SMMT) in London:
„Wenn wir als Marke hier sein und uns wirklich engagieren wollen, dann ist es naheliegend, hier auch zu produzieren.“
Seit dem Marktstart der Marken Omoda und Jaecoo im September, mit inzwischen 75 Showrooms, habe Chery bereits 2 % Marktanteil im britischen Elektrofahrzeugsegment gewonnen. Zhang betonte die Offenheit der britischen Verbraucher:
„40 % der Kunden in Großbritannien sind bereit, chinesische Marken zu erwägen.“
Standortvorteil Großbritannien?
Das Vereinigte Königreich könnte für Chery besonders attraktiv sein, da es durch ein neues Handelsabkommen mit den USA nun niedrigere Zölle auf Autoexporte in die Vereinigten Staaten erhält. Ab Montag sinken diese von 27,5 % auf 10 %, was Großbritannien einen potenziellen Wettbewerbsvorteil gegenüber der EU verschafft, wo weiterhin 25 % Strafzölle gelten.
Zhang ließ offen, mit welchen britischen Behörden oder Partnern bereits Gespräche laufen, betonte aber, dass „alles auf dem Tisch“ liege. Auch die britische Regierung setzt auf chinesische Investitionen, wie Sherard Cowper-Coles, Vorsitzender des China-Britain Business Council, hervorhob. Er kündigte einen geplanten Besuch des britischen Premierministers in China sowie einen Austausch auf Ministerebene im Herbst an.
Weitere chinesische Investitionen in Großbritannien
Neben Chery investieren weitere chinesische Unternehmen massiv im Vereinigten Königreich:
- Geely Auto hat über £3 Milliarden in Lotus investiert.
- EVE Energy, ein Hersteller von EV-Batterien, plant über £1 Milliarde für ein Werk bei Coventry.
- BYD, ein weiterer großer Hersteller, baut bereits ein Werk in Ungarn.
- Omoda errichtet mit dem spanischen Autobauer Ebro ein Joint-Venture-Werk nahe Barcelona.
Fazit
Mit einem möglichen Werk in Großbritannien verfolgt Chery Auto eine strategische Antwort auf internationale Handelshürden. Das Projekt wäre ein Signal für langfristiges Engagement am britischen Markt und könnte durch geopolitische Spannungen sowie neue Handelsabkommen zusätzlichen Rückenwind bekommen.