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Datensoftware für Extremfälle: Bayerns Polizei nutzt US-System auch bei Bagatelldelikten

by Jerry Jackson
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Ermittlungen bei Diebstahl statt Terrorgefahr

Eigentlich zur Abwehr schwerer Gefahrenlagen wie Terroranschlägen eingeführt, setzt die Polizei in Bayern die Palantir-Analysesoftware “Vera” inzwischen auch bei alltäglichen Straftaten ein. Laut einer Anfrage des Grünen-Politikers Benjamin Adjei kam das System zwischen September 2024 und Mai 2025 knapp 100 Mal zum Einsatz – in mehr als 20 Fällen bei Eigentums- oder Vermögensdelikten wie etwa Diebstählen.

Ursprünglich hieß es, die Software solle nur in Ausnahmesituationen genutzt werden. Adjei kritisiert, dass sie inzwischen zu oft bei eher harmlosen Fällen angewendet werde.


Tiefgreifende Datenvernetzung über Millionen Bürger

Mit Vera können verschiedene polizeiliche Datenbanken miteinander verknüpft werden – von Ermittlungsakten über Fahndungsdaten bis hin zu Verkehrssündern und Schriftverkehr. So entsteht ein detailliertes digitales Bild von Personen, die irgendwann polizeilich registriert wurden. Betroffen sind laut Berichten rund 30 Millionen Menschen in Deutschland.

Im Gegensatz zu den USA ist die Software in Deutschland eingeschränkt: Sie berechnet keine Tatwahrscheinlichkeiten und durchforstet keine sozialen Netzwerke. Doch die Tiefe der Datenauswertung bleibt hoch.


Debatte um Verhältnismäßigkeit und Datenschutz

Auch in Hessen wird Palantir intensiv genutzt – dort rund 15.000 Mal in einem Jahr. Die Polizei verteidigt den Einsatz mit Effizienzargumenten. Kritiker wie Adjei warnen jedoch vor einer schleichenden Ausweitung der Nutzung ohne ausreichende gesetzliche Kontrolle.

Während in Deutschland Stimmen nach einer europäischen Lösung lauter werden, ist diese bisher nicht in Sicht. Palantir selbst weist alle Vorwürfe zurück: Man biete keine Überwachungs-Tools an und agiere unabhängig von politischen Interessen. In Österreich wurde die Software in der Vergangenheit testweise vom Bundesheer verwendet – eine offizielle Partnerschaft besteht derzeit jedoch nicht.

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