Titel Nr. 6 für Carlsen – aber ohne Glanz
Magnus Carlsen hat sich zum sechsten Mal in sieben Jahren den Titel beim Turnier in Stavanger gesichert – wenn auch denkbar knapp. Mit einem halben Punkt Vorsprung vor Fabiano Caruana holte sich der Weltmeister von 2013 bis 2023 den Sieg, trotz durchwachsener Leistungen in den Armageddon-Partien und eines spektakulären Wutausbruchs gegen den aktuellen Weltmeister Gukesh Dommaraju.
In der Partie gegen Gukesh in Runde 6 verspielte Carlsen eine Gewinnstellung und schlug frustriert mit der Faust auf den Tisch – eine Szene, die viral ging und sogar von Paris Saint-Germain zum Champions-League-Sieg zitiert wurde. Im Rückblick sagte Carlsen: „Ich bereue meine Züge mehr als die Geste.“
Trotz Selbstkritik betonte Carlsen, er habe „das beste Schach im Turnier gespielt“, vor allem im klassischen Modus. Der Norweger verwies auf sein Plus-Zwei-Ergebnis in der klassischen Wertung – in einem Format, das ab Zug 40 auf nur noch 10 Sekunden pro Zug fällt.
Frauen-Turnier: Anna Muzychuk holt sich den Titel
Im parallel stattfindenden Frauenturnier in Stavanger – mit identischem Preisgeld von 150.000 Dollar – setzte sich Anna Muzychuk aus der Ukraine durch. Sie verwies Weltmeisterin Ju Wenjun (China) auf Platz vier. Der entscheidende Sieg gelang Anna in Runde 9 gegen Ju, die nach einem Patzer in ausgeglichener Stellung das Endspiel verlor.
Anna Muzychuk, 35, gilt zusammen mit ihrer Schwester Mariya als stärkstes Schwestern-Duo der Schachgeschichte nach den Polgars. Ihre enge Zusammenarbeit, bei der jeweils eine die andere sekundiert, trägt Früchte – trotz unterschiedlicher Persönlichkeiten.
Ausblick: Nachwuchs und Förderung im Fokus
Während junge indische Spieler wie Gukesh die Weltspitze erobern, fehlt derzeit ein vergleichbares weibliches Pendant. Chinas Lu Miaoyi galt als Hoffnungsträgerin, hat zuletzt jedoch stagniert. Hoffnung macht das Jeanne Cairns Sinquefield-Programm in den USA: Für jede US-Amerikanerin, die innerhalb von fünf Jahren den GM-Titel erwirbt, winken 100.000 Dollar Preisgeld. Die talentierte Alice Lee (15) hat ihre Ambitionen bereits bekräftigt – und mit einem Sieg in der ersten Runde des Cairns Cup in St. Louis ein Ausrufezeichen gesetzt.