Vertrauen in US-Wirtschaft schwindet – Investoren setzen auf Europa und Asien
Der US-Dollar ist am Donnerstag auf den niedrigsten Stand seit über drei Jahren gefallen, während der britische FTSE 100-Index auf ein neues Allzeithoch kletterte. Hintergrund ist die zunehmende Skepsis gegenüber der US-Wirtschaft unter Donald Trump sowie seine erneut aufgeflammten Zolldrohungen, die für Verunsicherung sorgen.
Der Dollar verlor rund 1 % gegenüber Yen und Euro und hat seit Jahresbeginn nahezu 10 % gegenüber einem Währungskorb eingebüßt. Gleichzeitig beendete der FTSE 100 den Handelstag bei 8.884 Punkten – über dem bisherigen Rekord von 8.871 Punkten vom März. Investoren wenden sich offenbar verstärkt von US-Aktien ab und suchen Alternativen in Europa und Asien.
Zinssenkungen in den USA erwartet – Trump sorgt für Unsicherheit
Die Aussicht auf baldige Zinssenkungen durch die US-Notenbank Fed befeuerte den Dollar-Verkauf. Hintergrund ist eine schwächelnde US-Konjunktur: Die Inflation fiel sowohl auf Verbraucher- als auch auf Produzentenseite stärker als erwartet. Zudem stiegen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe im Vierwochenmittel auf den höchsten Stand seit August 2023 – ein weiteres Zeichen für eine abkühlende Wirtschaft.
Erschwerend kommen unkalkulierbare außenpolitische Entscheidungen des Weißen Hauses hinzu. Trump kündigte an, binnen zwei Wochen erneut länderbezogene Zölle verhängen zu wollen. Auch der Streit mit Indien über US-Zölle auf Stahl, Aluminium und Arzneimittel eskaliert. Indien droht mit Gegenzöllen, nachdem es Forderungen der USA – etwa zur Lockerung von Preisregulierungen bei Medizintechnik – zurückgewiesen hat.
Großbritannien profitiert – aber Pfund unter Druck
Ein Lichtblick für den britischen Handel: Trump signalisierte, dass er das jüngst mit Premierminister Keir Starmer vereinbarte bilaterale Handelsabkommen zügig umsetzen will. Damit könnten Zölle auf britische Autos entfallen, im Gegenzug soll der Zugang für US-Rindfleisch und Ethanol zum britischen Markt erleichtert werden. Handelsminister Jonathan Reynolds bestätigte, dass mit einer Zollsenkung „sehr bald“ gerechnet werde.
Trotzdem blieb ein nachhaltiger Anstieg des britischen Pfunds aus: Zwar erreichte es kurzzeitig fast 1,36 US-Dollar, doch schwache Konjunkturdaten bremsten die Rally. Die britische Wirtschaft schrumpfte im April um 0,3 %, was Spekulationen über eine frühere Zinssenkung durch die Bank of England nährt – möglicherweise bereits im August.
Internationale Anleger verlieren Vertrauen in US-Wachstum
Laut Vasileios Gkionakis von Aviva Investors hängt die Dollar-Schwäche direkt mit dem nachlassenden Vertrauen in die US-Wirtschaft unter Trump zusammen. Hinzu kämen steigende Staatsschulden und Zweifel daran, ob das hohe Wachstum der vergangenen Jahre unter aktuellen Bedingungen aufrechterhalten werden kann. Die Märkte forderten als Ausgleich höhere Zinsen oder einen schwächeren Dollar, so Gkionakis.
Auch Analyst Neil Wilson sieht einen grundlegenden Stimmungsumschwung: Das lange geltende Argument “There Is No Alternative to America” (TINATA) werde zunehmend in Frage gestellt. Anleger verteilten ihre Mittel breiter – und setzen verstärkt auf geografische Diversifikation.