Home » Tierproduktion im Umbruch: Europas neue Agrarfabriken sorgen für Diskussion

Tierproduktion im Umbruch: Europas neue Agrarfabriken sorgen für Diskussion

by Jerry Jackson
0 comments

Zahl großindustrieller Höfe steigt auf über 24.000 – Umweltbelastung und Tierschutz in der Kritik

Brüssel/London – Europas Landwirtschaft steht an einem Wendepunkt: Mehr als 24.000 industrielle Tierhaltungsanlagen – sogenannte Megabetriebe – sind inzwischen auf dem Kontinent registriert. Diese Großhöfe halten Zehntausende Tiere gleichzeitig und folgen einem Modell, das sich stark an der US-amerikanischen Massentierhaltung orientiert.

Allein in Großbritannien ist die Zahl dieser Anlagen seit 2017 von 1.621 auf 1.824 gestiegen. Besonders auffällig ist der Ausbau der Geflügelhaltung. Mit über 1.500 Großbetrieben liegt das Vereinigte Königreich hinter Frankreich auf Rang zwei.


Von bäuerlicher Vielfalt zu zentralisierten Tierkomplexen

Megabetriebe sind laut Definition Einrichtungen mit mindestens 40.000 Hühnern, 2.000 Mastschweinen oder 750 Sauen. Während ihre Zahl wächst, verschwinden kleinere Familienhöfe zunehmend vom Markt.

Diese Entwicklung hat sichtbare Folgen für Umwelt und Biodiversität. In bestimmten Regionen, wie dem Wye-Tal in Großbritannien, übersteigt die Anzahl der Hühner bereits die Einwohnerzahl deutlich. Hühnerkot führt dort zu einer kritischen Belastung von Flüssen durch Phosphatüberschüsse.


Mängel in Überwachung und Strafverfolgung

Daten aus England zeigen: Seit 2015 wurden fast 7.000 Umweltverstöße bei Megabetrieben festgestellt. Bei etwa drei Viertel der kontrollierten Anlagen fanden sich Verstöße – von überfüllten Stallanlagen bis hin zu defekten Güllelagern.

Trotz dieser Zahlen bleibt die Sanktionsquote gering. In weniger als 1 % der schwerwiegenden Fälle kam es zu strafrechtlichen Konsequenzen. Meist enden solche Verstöße mit einem Hinweis oder einer Verwarnung.


Ruf nach Reformen auf EU-Ebene

Terry Jermy, britischer Abgeordneter für South West Norfolk, fordert eine offene Debatte: „Wir müssen entscheiden, welche Art von Landwirtschaft wir wollen – eine, die Umwelt und Tierwohl schützt und gleichzeitig Lebensmittel sichert.“

Auch aus Brüssel kommt Kritik. Reineke Hameleers, Vorsitzende der Eurogroup for Animals, warnt: „Die Ausbreitung solcher Anlagen steht im Widerspruch zu den Zielen der EU. Fördermittel müssen endlich ökologisch nachhaltige Betriebe stärken.“


Fazit:
Die Industrialisierung der Tierhaltung hat Europa fest im Griff. Doch mit wachsender Kritik an ihren sozialen, ökologischen und ethischen Folgen stellt sich die Frage, ob dieser Weg in die Zukunft führt – oder in eine Sackgasse.

You may also like