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Pilotenmangel setzt Europas Airlines unter Druck – beginnt der Sommer der Flugausfälle?

by Richard Parks
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Swiss streicht über 1.400 Flüge bis Herbst

Die Schweizer Fluggesellschaft Swiss streicht von jetzt bis Oktober rund 1.400 Flüge – der Grund: akuter Personalmangel im Cockpit. Betroffen sind zahlreiche Kurzstreckenverbindungen innerhalb Europas ab Zürich und Genf, aber auch Langstrecken wie nach Shanghai und Chicago werden seltener bedient. Die Sommerroute ins ägyptische Hurghada fällt ganz weg.

Um gegenzusteuern, hat Swiss kurzfristige Maßnahmen eingeleitet, darunter die freiwillige Verschiebung des Ruhestands, Rückkäufe von Urlaubstagen und eine Aufstockung der Arbeitszeit bei Teilzeitpiloten. In Zusammenarbeit mit der Pilotengewerkschaft Aeropers will die Airline zudem die Einsatzpläne flexibler gestalten und kurzfristige krankheitsbedingte Ausfälle reduzieren. Trotzdem fehlen aktuell rund 70 Vollzeitpiloten. Passagiere sollen frühzeitig informiert und auf Flüge innerhalb der Lufthansa Group, der Star Alliance oder – falls nötig – auf andere Airlines umgebucht werden. Alternativ ist eine Rückerstattung möglich.

Europäisches Phänomen: Auch KLM, British Airways und easyJet betroffen

Swiss steht mit dem Problem nicht allein da. Auch andere europäische Airlines kämpfen mit einer angespannten Personallage im Cockpit. KLM etwa meldet bereits Schwierigkeiten bei der Besetzung von Langstreckenflügen im Sommer – trotz historisch hoher Pilotenzahlen. Grund dafür seien laut KLM-Chef Eimerd Bult ein Anstieg von Teilzeitmodellen und krankheitsbedingten Ausfällen, was jährlich etwa 50 Vollzeitstellen entspreche.

Um Engpässe zu überbrücken, übernimmt Air France temporär KLM-Verbindungen, unter anderem zwischen Amsterdam und New York. British Airways und easyJet wiederum liefern sich einen regelrechten Wettstreit um neues Flugpersonal – inklusive großzügiger Anreize. BA übernimmt künftig die gesamten Ausbildungskosten von bis zu 100.000 Euro für jährlich 60 neue Pilot:innen. Dennoch musste British Airways mehrere Kurzstreckenverbindungen für diesen Sommer streichen, darunter Flüge von London nach Santorin, Mykonos sowie Ziele in Griechenland und Kroatien.

Engpass mit Ansage: Warum Piloten fehlen

Die Gründe liegen tief: Die Pandemie führte zu einem Stillstand in der Pilotenausbildung und beschleunigte gleichzeitig viele Ruhestände. Der Nachwuchs fehlt. Die US-Flugaufsicht FAA rechnet mit rund 4.300 Pensionierungen pro Jahr bis 2042. Auch Europa steht vor einem strukturellen Defizit.

Laut Boeing werden in den nächsten 20 Jahren weltweit 674.000 neue Pilotinnen und Piloten benötigt. Die Beratungsfirma Oliver Wyman erwartet bis 2032 einen globalen Engpass von fast 80.000 – allein in Europa könnten bis zu 19.000 fehlen. Viele Airlines lockern deshalb bereits Sprach- und Nationalitätsanforderungen, um mehr Bewerber zu erreichen.

Was Reisende im Sommer erwartet

Fluggäste in Europa – insbesondere auf Kurzstrecken oder Umsteigeverbindungen – müssen sich im Sommer auf Einschränkungen einstellen: Weniger Direktflüge, längere Wartezeiten und engere Sitzplatzkontingente sind wahrscheinlich. Reiseexperten raten dazu, frühzeitig zu buchen, Verbindungen regelmäßig zu prüfen und mehr Pufferzeit einzuplanen.

Zwar bieten viele Airlines Umbuchungen und Erstattungen an – wer jedoch die besten Alternativen will, sollte schnell reagieren. Angesichts des anhaltenden Mangels könnte der Sommer 2025 nur der Anfang eines langfristigen Umdenkens im europäischen Luftverkehr sein.

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