Mehr Unabhängigkeit von den USA im All gefordert
Josef Aschbacher, Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), fordert angesichts der aktuellen geopolitischen Lage höhere Investitionen in die europäische Raumfahrt. In einem Interview betonte er, dass Europas Wunsch nach mehr Autonomie auch im Weltraum deutlich werde.
„In einer zunehmend volatilen geopolitischen Situation ist die Notwendigkeit, die eigene Handlungsfähigkeit zu stärken, klar erkennbar“, sagte Aschbacher. Europa müsse seine technologische Unabhängigkeit im All sichern, um nicht dauerhaft von Partnern wie den USA abhängig zu bleiben.
Die Welt befinde sich inmitten eines neuen Wettlaufs ins All. Analysten prognostizieren ein Wachstum der Raumfahrtindustrie auf ein Volumen von einer Billion Dollar. Erdbeobachtung, Kommunikation und sogar Weltraumtourismus stehen dabei im Fokus. Steigende Rüstungsausgaben könnten diesen Trend zusätzlich verstärken.
Europas Raumfahrt steht vor entscheidender Weichenstellung
Kooperation mit den USA bleibt wichtig, doch Plan B wird vorbereitet
Trotz enger Zusammenarbeit mit den USA – etwa bei der Internationalen Raumstation, dem James-Webb-Teleskop oder dem Artemis-Mondprogramm – sieht Aschbacher die Notwendigkeit, auf mögliche Veränderungen vorbereitet zu sein. Sollte sich die US-Politik unter Trump stärker verändern, will die ESA ihre eigene Handlungsfähigkeit ausbauen.
„Heute setzen wir weiterhin auf Plan A“, betonte Aschbacher. „Aber wir bereiten uns auf Plan B vor, falls nötig.“ Kooperationen mit Australien, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Indien seien dabei denkbare Optionen.
Der ESA-Chef äußerte sich nicht direkt zur wachsenden Rolle von Elon Musk und SpaceX, die durch günstige wiederverwendbare Raketen den Markt dominieren. Dennoch verfolgt Europa eigene Projekte wie die Ariane-6-Trägerrakete und die Entwicklung des Prometheus-Triebwerks, um mit amerikanischer Konkurrenz Schritt zu halten.
Auch neue europäische Anbieter wie Rocket Factory Augsburg wollen den Zugang zum All künftig günstiger und flexibler gestalten.
Mehr Raumfahrt-Investitionen als Grundlage für Europas Zukunft
Forschung und Technologie als Motor für Wohlstand und Sicherheit
Aschbacher sieht Investitionen in die Raumfahrt nicht nur unter Sicherheitsaspekten, sondern auch als essenzielle Grundlage für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung.
Er verweist auf Erfolge wie die Entwicklung von Impfstoffen während der Corona-Pandemie, die ohne grundlegende Forschung nicht möglich gewesen wären. Ähnlich wichtig seien Raumfahrtprogramme, etwa zur Klimaüberwachung oder zur Förderung technologischer Innovationen.
„Investitionen in die Raumfahrt sind entscheidend, damit Europa seinen Lebensstandard erhalten und weiterentwickeln kann“, so Aschbacher. Wissenschaftliche Exzellenz sei eine zentrale Stärke Europas, die es zu bewahren und auszubauen gelte.