David Liu, Molekularbiologe am Broad Institute von MIT und Harvard, wurde mit dem Breakthrough-Preis 2025 in den Lebenswissenschaften ausgezeichnet – eine der höchsten wissenschaftlichen Ehrungen weltweit. Liu erhält das Preisgeld in Höhe von 3 Millionen US-Dollar für die Entwicklung zweier hochpräziser Genbearbeitungsverfahren: Base Editing und Prime Editing. Beide Methoden ermöglichen es, krankheitsverursachende Mutationen im Erbgut gezielt zu korrigieren – ein Meilenstein in der Gentherapie.
Lebensrettende Technik erstmals in London angewandt
Lius Methode wurde erstmals 2022 erfolgreich eingesetzt, um das Leben der damals 13-jährigen Alyssa Tapley aus Leicester zu retten. Sie litt an aggressiver Leukämie, gegen die weder Chemotherapie noch Stammzelltransplantation geholfen hatten. Ärzte am Great Ormond Street Hospital verwendeten Base Editing, um die Immunzellen eines Spenders genetisch so umzuprogrammieren, dass sie gezielt Alyssas Krebszellen bekämpfen. Die Therapie schlug an – Alyssa ist heute krebsfrei.
Base und Prime Editing: Revolutionäre Werkzeuge
Während klassische Genom-Editierung oft nur Gene deaktivieren konnte, korrigiert Base Editing gezielt einzelne DNA-Buchstaben, die fast ein Drittel aller bekannten Erbkrankheiten verursachen. Prime Editing funktioniert wie die „Suchen-und-Ersetzen“-Funktion in Textverarbeitungsprogrammen und erlaubt umfassendere Eingriffe im Genom. Beide Verfahren haben das Potenzial, den Großteil aller genetischen Erkrankungen zu behandeln.
Wissenschaft mit sozialem Gewissen
Liu ist nicht nur als Forscher aktiv, sondern setzt sich auch persönlich für seine Studierenden ein: Seit Beginn der Corona-Pandemie spendet er jedes Jahr sein gesamtes Gehalt (nach Steuern) an die Mitarbeiter seines Labors, um deren Lebensumstände zu verbessern. Seine Stiftung unterstützt zudem Forschungsprojekte weltweit.
Vielseitiger Forscher mit ungewöhnlicher Vita
Neben seiner Forschung machte Liu auch mit ungewöhnlichen Hobbys auf sich aufmerksam: Er entwickelte ein nur sechs Gramm schweres Mini-Flugzeug, kombinierte Lego mit Wärmesensoren zu einer Spielzeug-Katzenabwehr, sprach als Student in Videospielen mit und unterrichtete als Harvard-Professor sogar Karten zählen für Blackjack – allerdings rein aus mathematischem Interesse.
Zukunft der Gentherapie: Chancen und Herausforderungen
Heute laufen weltweit mehr als ein Dutzend klinische Studien mit Lius Technologien – unter anderem bei Leukämie, Sichelzellanämie, Beta-Thalassämie und hohem Cholesterin. Eine große Herausforderung bleibt jedoch: Während Alyssas Behandlung außerhalb des Körpers erfolgte, müssen viele genetische Defekte direkt im Körper (in vivo) korrigiert werden – eine Hürde, die die Wissenschaft noch überwinden muss.
Zudem warnt Liu vor den Folgen von Forschungskürzungen in den USA. Sie gefährdeten ganze Generationen an Fortschritt. „Forschung zu kürzen, ist wie Saatgut zu verbrennen“, sagt er. „Es gibt kaum etwas Menschlicheres, als unser Wissen zu nutzen, um das Leben der nächsten Generation besser zu machen – und dafür brauchen wir Wissenschaft.“