Nach dem massiven Stromausfall am Flughafen London Heathrow, der rund 300.000 Passagiere betroffen und über 1.350 Flüge lahmgelegt hat, hat die britische Regierung eine dringende Untersuchung eingeleitet. Experten sprechen von einem „Weckruf“ für die Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastruktur in Großbritannien.
Energiebehörden prüfen Ursachen und Schwachstellen
Energieminister Ed Miliband hat die Nationale Energie-Systembehörde (Neso) beauftragt, den Vorfall zu untersuchen und die Energieversorgungssicherheit des Landes zu bewerten. Die Regulierungsbehörde Ofgem kündigte an, bei Verstößen gegen Standards oder Lizenzbedingungen „nicht zu zögern“, Maßnahmen zu ergreifen.
„Der Stromausfall im Bereich Heathrow hat tausende Menschen und zahlreiche Unternehmen schwer beeinträchtigt“, sagte Miliband. „Wir müssen genau verstehen, was passiert ist, und daraus lernen.“
Am Freitag war Heathrow nach einem Brand in einer Hochspannungs-Umspannstation in Hayes (West-London) vollständig geschlossen worden. Obwohl der Flughafen am Samstag den Regelbetrieb wieder aufnahm, rechnet man noch mit mehrtägigen Beeinträchtigungen.
Die Ermittlungen wurden zunächst von der Anti-Terror-Abteilung der Polizei geführt. Nach ersten Einschätzungen gibt es keinen Verdacht auf Sabotage.
Die im Oktober gegründete Neso ist für die Planung und Steuerung der Strom- und Gasnetze in England, Schottland und Wales zuständig. Erste Ergebnisse der Untersuchung sollen innerhalb von sechs Wochen vorliegen.
Kritik an Sicherheitslücken und Infrastruktur
Heathrow-Chef Thomas Woldbye erklärte, das Problem habe außerhalb des Flughafens begonnen. Zwar verfüge Heathrow über drei Einspeisepunkte, jedoch habe man die Versorgung infolge des Brandes „neu strukturieren“ müssen.
Woldbye lobte die Reaktion seines Teams und zeigte sich „stolz auf den Umgang mit der Situation“. Gleichzeitig wurde er jedoch für „selbstzufriedene“ öffentliche Aussagen kritisiert.
Lord Toby Harris, Vorsitzender der Nationalen Kommission für Vorsorge, äußerte sich scharf: „Es ist erstaunlich, dass der Ausfall einer Umspannstation reicht, um einen der größten Flughäfen der Welt lahmzulegen.“
Laut der Financial Times hatte bereits ein Bericht aus dem Jahr 2014 auf eine „zentrale Schwäche“ in der Energie-Infrastruktur von Heathrow hingewiesen. Schon ein kurzer Stromausfall könne demnach langfristige Auswirkungen haben.
Regierung fordert Konsequenzen – Störungen dauern an
Verkehrsministerin Heidi Alexander betonte, Heathrow verbrauche so viel Energie wie eine Kleinstadt. Es sei daher entscheidend, die Ursache zu verstehen und zukünftige Ausfälle zu verhindern.
Mehrere hundert zusätzliche Mitarbeiter wurden eingesetzt, um den Passagier-Rückstau abzuarbeiten. Dennoch wird mit weiteren Störungen in den kommenden Tagen gerechnet.
Reisende äußerten sich frustriert. Farah Rafeeq (24), die am Freitag zu einer Hochzeit nach Kambodscha fliegen wollte, sagte: „Es war ein Albtraum. Wir mussten über 600 Pfund extra für einen Ersatzflug zahlen.“
Neso-Chef Fintan Slye sagte, man werde eng mit allen Beteiligten zusammenarbeiten, um Lehren aus dem Vorfall zu ziehen und die Widerstandsfähigkeit des britischen Energiesystems zu stärken.
Parallel dazu leitet Kabinettsminister Pat McFadden eine nationale Resilienz-Überprüfung, die bald veröffentlicht werden soll. Die Regierung steht nun unter Druck, besser für den Schutz kritischer Infrastruktur zu sorgen.