Home » Teslas Herausforderungen reichen tiefer als die Kontroversen um Elon Musk

Teslas Herausforderungen reichen tiefer als die Kontroversen um Elon Musk

by Silke Mayr
0 comments

Ein Fahrzeugbesitzer zieht Konsequenzen

Das Unternehmen wird immer noch mit dem Hundertfachen seines Gewinns bewertet, steht jedoch vor Problemen, die laut Experten weit über die Debatte um seinen CEO hinausgehen.

“Dieses Auto war drei Jahre lang unser Familienfahrzeug, und es war ein absoluter Traum”, sagt Ben Kilbey, während er seinen strahlend perlweißen Tesla Model Y präsentiert.

Ben ist ein leidenschaftlicher Verfechter von Elektroautos und leitet eine Kommunikationsfirma, die nachhaltige Unternehmen im Vereinigten Königreich unterstützt. Doch nun möchte er sich von seinem Model Y trennen, da er Elon Musks Verhalten, insbesondere dessen Umgang mit der Entlassung von US-Regierungsmitarbeitern, missbilligt.

“Ich bin kein Freund von Polarisierung oder von Handlungen ohne Mitgefühl”, erklärt er. “Es gibt Wege, Dinge zu tun, ohne Menschen auszugrenzen oder herabzuwürdigen. Ich mag keine Erniedrigung.”

Ben ist Teil einer wachsenden Gegenbewegung gegen den Tesla-Chef, die in den letzten Wochen an Dynamik gewonnen hat. Dies geschah insbesondere, nachdem Musk zum Leiter des umstrittenen Ministeriums für Regierungseffizienz (DOGE) ernannt wurde, das die Aufgabe hat, drastische Einsparungen im Staatsbudget vorzunehmen.

Musk hat sich auch international in politische Debatten eingemischt. Er nahm per Video an einer Kundgebung der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland vor den deutschen Parlamentswahlen teil und attackierte online britische Politiker, darunter Premierminister Keir Starmer.

Für einige Kritiker sind seine Aktionen zu weit gegangen.

Vor Dutzenden Tesla-Händlern kam es zu Protesten, nicht nur in den USA, sondern auch in Kanada, Großbritannien, Deutschland und Portugal. Zwar verliefen die meisten Demonstrationen friedlich, doch es gab auch Sachbeschädigungen. In Frankreich und Deutschland wurden Fahrzeuge in Brand gesetzt.

Besonders das Tesla Cybertruck-Modell, ein kantiger, metallischer Pickup, wurde zur Zielscheibe von Gegnern Musks. In sozialen Medien kursieren Videos, die mit Symbolen beschmierte, mit Müll bedeckte oder als Skateboard-Rampen zweckentfremdete Cybertrucks zeigen.

US-Präsident Donald Trump solidarisierte sich mit Tesla, indem er das Unternehmen einlud, Fahrzeuge vor dem Weißen Haus auszustellen, und ankündigte, selbst eines zu kaufen. Er bezeichnete die Angriffe auf Tesla-Showrooms als “inländischen Terrorismus”.

Musk reagierte unmissverständlich: “Dieses Ausmaß an Gewalt ist verrückt und zutiefst falsch”, sagte er in einem Interview. “Tesla baut nur Elektroautos und hat solche bösartigen Angriffe nicht verdient.”

Sinkende Verkaufszahlen und schwindender Einfluss

Es bleibt unklar, wie stark diese Entwicklungen Teslas Geschäft beeinflusst haben. Besonders fraglich ist, inwieweit Musks politische Ansichten und seine Beteiligung an der Trump-Regierung das Markenimage und die Kaufentscheidung traditioneller Elektroauto-Kunden beeinflussen.

Kann Tesla seinen bisherigen Erfolg fortsetzen, wenn Musk an der Spitze bleibt?

Vor zwanzig Jahren war Tesla ein kleines Start-up im Silicon Valley mit wenigen Mitarbeitern und großen Visionen. Heute ist es der weltweit führende Hersteller von Elektrofahrzeugen mit riesigen Produktionsstätten und einer dominierenden Marktstellung.

Musk hat diesen Erfolg entscheidend vorangetrieben, seit er 2004 als Vorsitzender und Hauptinvestor zu Tesla kam. 2008 übernahm er den Posten des CEO und prägte das Unternehmen seither.

“Tesla war der Vorreiter”, sagt Stephanie Valdez Streaty, Direktorin für Branchenanalysen bei Cox Automotive. “Sie brachten Elektroautos in den Mainstream und zwangen andere Hersteller zur Investition in diese Technologie.”

Ursprünglich galten Elektroautos als langsam und unpraktisch. Doch mit der Einführung des Tesla Model S im Jahr 2012 änderte sich diese Wahrnehmung. Das Modell bot sportliche Fahrleistungen und eine Reichweite von über 400 Kilometern, was Teslas schnelles Wachstum ermöglichte.

Heute ist Tesla nicht nur ein Autobauer. Das Unternehmen investiert stark in autonome Fahrtechnologien, mit dem Ziel, eine Flotte selbstfahrender “Robotaxis” aufzubauen. Zudem entwickelt Tesla humanoide Roboter und treibt das Geschäft mit Energiespeichern voran.

Doch während Musk einst als Vorreiter nachhaltiger Technologien galt, ist er nun ebenso für seine politischen Meinungen bekannt, die er auf seiner Plattform X verbreitet. Gleichzeitig kämpft Tesla mit wachsenden Problemen.

Konkurrenzdruck und Innovationsstau

Obwohl das Model Y 2023 das weltweit meistverkaufte Auto war, gingen die Gesamtverkäufe von 1,81 Millionen auf 1,79 Millionen zurück. Es war der erste Rückgang seit mehr als zehn Jahren.

Der Verkaufsrückgang fiel zunächst gering aus, doch für ein wachstumsorientiertes Unternehmen war er ein Warnsignal. Auch die Gewinne gingen zurück. Besonders in Europa war der Einbruch stark: Im Januar 2024 sanken die Neuzulassungen um 45 % im Vergleich zum Vorjahr. In China, einem der wichtigsten Märkte, brach der Absatz um 49 % ein.

Im März veröffentlichte UBS-Analyst Joseph Spak eine Prognose, die einen weltweiten Absatzrückgang von 5 % für Tesla vorhersagte. Die Börse reagierte empfindlich: Teslas Aktienkurs fiel um 15 % an einem einzigen Tag und verzeichnete seit Jahresbeginn einen Rückgang von 40 %.

Experten betonen, dass die Probleme nicht nur mit Musk zu tun haben. Die Fahrzeugpalette ist veraltet. Die bahnbrechenden Modelle S und X sind seit über einem Jahrzehnt auf dem Markt. Selbst die neueren Model 3 und Model Y wirken angesichts wachsender Konkurrenz aus China zunehmend antiquiert.

“Wenn man sich das Tesla-Portfolio ansieht, gab es seit dem Cybertruck keine echten Neuheiten”, sagt Valdez Streaty. “Es gibt eine Überarbeitung des Model Y, aber keine große Innovation.”

Chinesische Hersteller wie BYD oder Nio drängen mit leistungsstarken und erschwinglichen Fahrzeugen auf den Markt. Die Bedrohung würde besonders deutlich, als BYD eine Schnelllade-Technologie ankündigte, die ein Auto in fünf Minuten auf 400 Kilometer Reichweite bringen kann – schneller als Teslas Supercharger-Netzwerk.

Braucht Tesla eine neue Führung?

Tesla wird weiterhin mit dem Hundertfachen seines Gewinns bewertet, eine weitaus höhere Marge als traditionelle Automobilhersteller. Analysten glauben jedoch, dass das Unternehmen eine neue Führung braucht.

“Ein neuer CEO wäre zweifellos das Beste für Tesla”, sagt Matthias Schmidt von Schmidt Automotive Research. “Er würde die toxische Verbindung zu Musk kappen und einen klaren Fokus auf das Kerngeschäft legen.”

Laut Prof. Peter Wells braucht Tesla jemanden mit Erfahrung in der Automobilbranche: “Tesla muss jetzt eine neue Richtung einschlagen.”

You may also like