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Verbot von Null-Stunden-Verträgen in Großbritannien gilt auch für Zeitarbeiter

by Silke Mayr
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Die Regierung plant, Null-Stunden-Verträge für Zeitarbeiter zu verbieten. Diese Regelung ist Teil von rund 250 Ergänzungen des Arbeitsrechtsgesetzes. Allerdings bleibt unklar, was genau unter “kurzer Frist” bei Änderungen oder Absagen von Schichten zu verstehen ist.

Zeitarbeiter, die sich freiwillig für Null-Stunden-Verträge entscheiden, sollen entschädigt werden, wenn ihre Schichten kurzfristig storniert oder geändert werden. In Großbritannien gibt es etwa eine Million Zeitarbeiter. Sie sind in Branchen wie Lagerlogistik, Gastronomie und dem nationalen Gesundheitsdienst (NHS) tätig.

Das Gesetz sieht außerdem vor, dass Zeitarbeiter einen Vertrag erhalten müssen, der eine Mindestanzahl an Arbeitsstunden pro Woche garantiert. Während Gewerkschaften diese Maßnahme begrüßen, warnt der Branchenverband Recruitment and Employment Confederation (REC) davor, dass diese Änderung die “Flexibilität” von Null-Stunden-Verträgen nicht untergraben dürfe.

Berechnung der Mindeststunden und geplante Gesetzesänderungen

Die angebotene Mindeststundenzahl im Vertrag wird anhand der durchschnittlich geleisteten Arbeitszeit berechnet. Die Regierung muss noch entscheiden, ob dafür ein Referenzzeitraum von zwölf Wochen oder eine längere Periode zugrunde gelegt wird. Gewerkschaften fordern, dass Zeitarbeiter in die neuen Vorschriften einbezogen werden, um zu verhindern, dass Unternehmen das Verbot umgehen, indem sie Zeitarbeiter einstellen.

Paul Novak, Generalsekretär des Gewerkschaftsverbandes Trades Union Congress, betont, dass die Regierung diese “Hintertür” zu Recht schließen wolle. Er weist darauf hin, dass Zeitarbeiter einen großen Anteil der Null-Stunden-Arbeitskräfte ausmachen und ebenfalls Schutz vor schlechten Arbeitsbedingungen benötigen.

Der REC äußert jedoch Bedenken gegenüber den geplanten Änderungen. Kate Shoesmith, stellvertretende Geschäftsführerin des Verbandes, erklärt, dass viele Menschen sich bewusst für Zeitarbeit entscheiden, da sie Flexibilität bietet. Sie fordert, dass genügend Zeit eingeplant wird, um sicherzustellen, dass neue Vorschriften nicht mit bestehenden Schutzmaßnahmen für Zeitarbeiter kollidieren. Der Verband will weiterhin mit der Regierung zusammenarbeiten, um dies zu gewährleisten.

Verschärfte Strafen für „Fire and Rehire“ und Änderungen bei Gewerkschaftsrechten

Zusätzliche Änderungen im Gesetz betreffen Unternehmen, die „Fire and Rehire“-Praktiken anwenden. Wird ein Mitarbeiter ohne ausreichende Konsultation entlassen und zu schlechteren Bedingungen wieder eingestellt, droht künftig eine verdoppelte Strafzahlung. Statt bisher 90 Tagen Lohnentschädigung könnten Firmen nun bis zu 180 Tage zahlen müssen.

Das Gesetz erweitert zudem den Anspruch auf Krankengeld. Arbeitnehmer mit einem Verdienst unter 123 Pfund pro Woche sollen bereits ab dem ersten Krankheitstag 80 % ihres durchschnittlichen Wochenverdienstes oder das gesetzliche Krankengeld von derzeit 116,75 Pfund pro Woche erhalten – je nachdem, welcher Betrag niedriger ist. Bisher mussten Arbeitnehmer mindestens drei aufeinanderfolgende Krankheitstage haben, um Anspruch auf Krankengeld zu erhalten.

Weitere Anpassungen betreffen das Streikrecht und die Anerkennung von Gewerkschaften. Künftig sollen Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber zehn statt bisher 14 Tage im Voraus einen Streik ankündigen müssen. Die Regierung erwägt zudem eine Änderung der Mindestmitgliederzahl für eine Gewerkschaftsanerkennung. Bislang war eine Abstimmung möglich, wenn 10 % der Belegschaft Gewerkschaftsmitglieder sind. Die Regierung hatte eine Senkung auf 2 % geprüft, nennt aber im Gesetzestext keine konkrete Zahl. Stattdessen soll der zuständige Minister die Befugnis erhalten, die Schwelle zu senken.

Paul Novak sieht die Reformen als Schritt zu einer „modernen Wirtschaft, die sowohl für Arbeitnehmer als auch für Unternehmen funktioniert“. Höhere Standards würden verhindern, dass verantwortungsbewusste Arbeitgeber von unseriösen Firmen unterboten werden und mehr Beschäftigte von einer starken Gewerkschaftsvertretung profitieren.

Unternehmensverbände kritisieren jedoch den Mangel an klaren Vorgaben zur praktischen Umsetzung der neuen Gesetze. Martin McTague, Vorsitzender des Verbands kleiner Unternehmen, warnt, dass zwei Drittel der kleinen Firmen keine neuen Mitarbeiter einstellen wollen. Ein Drittel erwäge sogar, sein Personal zu reduzieren. Besonders problematisch seien die fehlende finanzielle Unterstützung für Krankengeld sowie Änderungen beim Kündigungsschutz.

McTague betont, dass diese Vorschriften schädliche Auswirkungen haben könnten. Wenn die Regierung das Wirtschaftswachstum fördern wolle, müsse sie kleine Unternehmen stärker unterstützen.

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