Grippeinfektionen und ihre dramatischen Folgen
Die USA erleben eine besonders heftige Grippewelle. Die Krankenhausaufenthaltsraten übertreffen zeitweise sogar die Werte, die während bestimmter Phasen der Covid-19-Pandemie verzeichnet wurden.
Zusätzlich zu den Infektionen berichten Ärzte von einer Vielzahl schwerer Komplikationen. Besonders Kinder sind betroffen: Immer mehr von ihnen kommen mit neurologischen Komplikationen in die Klinik. Eine der schlimmsten Folgen ist die akute nekrotisierende Enzephalopathie (ANE), eine Hirnschwellung, die zum Absterben von Gewebe führt.
Erwachsene leiden vermehrt an einer durch aggressive Bakterien verursachten Lungenentzündung. Dr. John Lynch von UW Medicine berichtet von zahlreichen Fällen von MRSA-Pneumonie, einer Infektion mit methicillinresistentem Staphylococcus aureus. Diese aggressive Infektion zerstört Lungengewebe und kann tödlich sein. Wer überlebt, muss oft mit vernarbtem Lungengewebe leben, was die Atmung dauerhaft beeinträchtigen kann.
Krankenhäuser an der Belastungsgrenze
Besonders Intensivstationen sind mit schwer an Grippe erkrankten Patienten gefüllt. Kritische Pflegekräfte berichten in sozialen Medien von voll belegten Intensivstationen. Viele Patienten entwickeln eine Lungenentzündung oder versagen in der Atmung.
Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC zeigen, dass die Grippekrankenhausaufenthalte erstmals höher sind als die für Covid-19. Bis zum 1. Februar gab es etwa 64 Grippehospitalisierungen pro 100.000 Menschen, während es für Covid-19 nur 44 waren. Während der Omikron-Welle 2022 waren die Covid-Zahlen noch doppelt so hoch wie die der Grippe.
Auch die wöchentlichen Todeszahlen durch Grippe haben erstmals die von Covid-19 übertroffen. In den letzten zwei Januarwochen starben 1.302 Menschen an der Grippe, während es 1.066 Covid-Todesfälle gab.
Neurologische Komplikationen bei Kindern nehmen zu
Dr. Keith Van Haren von der Stanford Medicine meldete eine auffällige Zunahme von ANE-Fällen bei Kindern. Da Ärzte diese Erkrankung nicht offiziell melden müssen, gibt es keine gesicherten Zahlen, doch Diskussionen unter Experten deuten auf einen Anstieg hin. In den letzten zwei Jahren wurden an Universitätskliniken etwa 35 bis 40 Fälle registriert, wobei die Mehrheit auf die aktuelle Saison fällt.
ANE entsteht durch Hirnschwellungen infolge von Virusinfektionen wie der Grippe und verläuft in der Hälfte der Fälle tödlich. Die Schwellung betrifft den Thalamus, der für Schlaf und Wachheit verantwortlich ist. Kinder mit dieser Komplikation werden extrem schläfrig und haben Schwierigkeiten, wach zu bleiben.
Van Haren betont, dass ANE nicht mit der Vogelgrippe (H5N1) in Verbindung steht. Auch Dr. James Antoon aus dem Monroe Carell Jr. Children’s Hospital berichtet von steigenden neurologischen Komplikationen durch die Grippe, darunter Anfälle. Ob die Zahlen außergewöhnlich hoch sind, ist jedoch noch unklar.
Hohe Belastung in Krankenhäusern
Dr. Ryan Maves von der Wake Forest University vergleicht die aktuelle Situation mit der H1N1-Pandemie 2009. Die Stationen sind überfüllt, einige Patienten benötigen sogar eine ECMO-Therapie, bei der Maschinen für Herz und Lunge arbeiten.
Normalerweise dominiert eine Influenza-A-Variante die Saison, doch aktuell teilen sich H1N1 und H3N2 fast gleichmäßig die Fälle. Dies sei laut Dr. Jennifer Nayak vom University of Rochester Medical Center ungewöhnlich.
Die Impfquote bleibt ein Problem: Weniger als die Hälfte der Erwachsenen und Kinder haben sich impfen lassen. Bei Kindern ist die Impfquote von 58 % vor der Pandemie auf 44 % gefallen. Dies beunruhigt Ärzte, denn bislang sind 57 Kinder an der Grippe gestorben, viele davon ungeimpft. In einer normalen Grippesaison sterben zwischen 100 und 150 Kinder.
Da zwei Stämme zirkulieren, kommt es häufig vor, dass Menschen nach einer Genesung erneut erkranken. Eine Infektion mit H1N1 schützt nicht vor H3N2 und umgekehrt.
Schutzmaßnahmen gegen eine schwere Erkrankung
Trotz der alarmierenden Zahlen gibt es Möglichkeiten, sich zu schützen. Wer noch nicht geimpft ist, kann dies nachholen. Der volle Schutz entwickelt sich innerhalb einer Woche bis zehn Tagen. Experten rechnen mit mindestens einem weiteren Monat hoher Grippeaktivität.
Der Grippeimpfstoff schützt zwar nicht vor einer Infektion, kann aber schwere Verläufe verhindern. Auch Maskentragen, gute Belüftung, Händewaschen und das Testen bei Symptomen helfen, das Risiko zu minimieren.
Antivirale Medikamente können die Krankheitsdauer verkürzen und schwere Verläufe verhindern, wenn sie frühzeitig eingenommen werden.
Ärzte warnen davor, sich allein auf die Impfung zu verlassen. Selbst Geimpfte können sich infizieren, haben jedoch meist mildere Symptome. Wer sich rechtzeitig schützt, hat eine bessere Chance, die Saison unbeschadet zu überstehen.