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Ermittlungen gegen Giorgia Meloni: Rechtsstaatliche Prüfung oder Politischer Schlagabtausch?

by Jerry Jackson
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Premierministerin im Visier der Justiz

Die italienische Premierministerin Giorgia Meloni steht im Mittelpunkt einer juristischen Untersuchung der römischen Staatsanwaltschaft. Der Vorwurf betrifft die Freilassung eines libyschen Polizeichefs, der schwerer Menschenrechtsverbrechen beschuldigt wird. Neben Meloni sind auch Justizminister Carlo Nordio, Innenminister Matteo Piantedosi und Staatssekretär Alfredo Mantovano von den Ermittlungen betroffen. Der Fall vertieft die ohnehin angespannte Beziehung zwischen Regierung und Justiz.

Meloni selbst informierte die Öffentlichkeit über die Vorwürfe und äußerte sich in einem Video auf ihren Social-Media-Kanälen. Ihr Ton schwankte zwischen Empörung und Ironie. „Heute wurde ich vom Oberstaatsanwalt von Rom, Francesco Lo Voi – demselben, der bereits gegen Matteo Salvini vorgegangen ist – darüber informiert, dass ich wegen Begünstigung und Veruntreuung untersucht werde“, erklärte sie. Sie stellte infrage, ob hinter der Untersuchung politische Absichten stehen könnten. „Ich lasse mich nicht einschüchtern und nicht erpressen. Ich werde meinen Weg weitergehen – entschlossen und ohne Angst.“

Libyscher Beamter trotz Haftbefehl freigelassen

Die Kontroverse dreht sich um die Verhaftung und Freilassung von Najeem Osama Almasri, einem hochrangigen libyschen Polizeibeamten. Italienische Behörden nahmen ihn am 19. Januar in Turin auf Grundlage eines internationalen Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) fest. Doch nur drei Tage später wurde er freigelassen und mit einer Maschine der italienischen Luftwaffe nach Libyen zurückgebracht – finanziert mit öffentlichen Geldern.

Almasri wird vorgeworfen, als Leiter eines libyschen Internierungslagers systematische Folter an Migranten durchgeführt zu haben. Trotzdem verweigerte Justizminister Nordio die notwendige Zustimmung zur Inhaftierung. Ohne diese Genehmigung blieb dem zuständigen Richter keine andere Wahl, als Almasri auf freien Fuß zu setzen. Die Opposition reagierte empört und sprach von einer „Luxusabschiebung“. Kritiker vermuten, dass die Regierung die Affäre vertuschen wollte, um diplomatische Spannungen mit Libyen zu vermeiden.

Melonis Regierung setzt stark auf die Zusammenarbeit mit Libyen, um die Migration über das Mittelmeer einzudämmen. Menschenrechtsorganisationen verurteilen jedoch regelmäßig die unmenschlichen Zustände in libyschen Lagern. Dennoch hält Italien an der Partnerschaft mit Tripolis fest. Kritiker werfen Meloni vor, den internationalen Haftbefehl absichtlich ignoriert zu haben, um die Beziehungen zu Libyen nicht zu belasten. Die Opposition sieht darin einen Beweis dafür, dass politische Interessen über rechtsstaatliche Prinzipien gestellt wurden.

Machtkampf zwischen Regierung und Justiz spitzt sich zu

Die Ermittlungen verstärken den anhaltenden Konflikt zwischen Melonis Regierung und der Justiz. Ihre geplante Justizreform zielt darauf ab, die Befugnisse der Staatsanwälte einzuschränken – ein Vorhaben, das viele Juristen als Bedrohung der Gewaltenteilung betrachten. Einige Experten vermuten, dass die Ermittlungen eine direkte Reaktion auf ihre Reformpläne sind.

Italiens Justiz gilt als eine der unabhängigsten weltweit. Staatsanwälte sind keiner politischen Kontrolle unterworfen und können eigenständig Verfahren gegen Politiker einleiten. Diese Autonomie hat in der Vergangenheit geholfen, Korruptionsfälle und Mafia-Verbindungen aufzudecken. Kritiker fürchten jedoch, dass einige Staatsanwälte ihre Befugnisse für politische Zwecke missbrauchen könnten.

Die Zeitung La Stampa berichtete, dass sieben der letzten zwölf italienischen Ministerpräsidenten strafrechtlich verfolgt wurden. Nur Silvio Berlusconi wurde tatsächlich verurteilt. Statistisch gesehen hat Meloni also wenig zu befürchten. Doch der Fall zeigt, wie tief der Konflikt zwischen Italiens Regierung und seiner Justiz reicht.

Die entscheidende Frage bleibt: Hat Meloni eine illegale Entscheidung getroffen, oder wird sie Ziel einer politisch motivierten Kampagne? Der Machtkampf zwischen Regierung und Justiz geht in eine neue Runde.

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